Die wesentliche und besondere Eigenschaft eines Niedrigstenergiehauses ist die konstante Innentemperatur. Das gilt sowohl über das Jahr gesehen als auch über einen Tag sowie auch für einzelne Räume. Die Innentemperatur ändert sich nur sehr langsam – bei ausgeschalteter Heizung sinkt sie im Passivhaus um weniger als 0,5 Grad am Tag (im Winter, wenn keine Sonne scheint). Alle Wände und Böden haben dieselbe Temperatur, dies gilt ebenfalls für den Keller, wenn er innerhalb der thermischen Hülle liegt. Es gibt keine „kalten“ Außenwände oder Fußböden, Schimmelbildung ist dadurch ausgeschlossen. Die Innenraumtemperaturen können somit auf ca. 20 Grad abgesenkt werden, ohne dass ein Unwohlsein auftritt. Und als Nebeneffekt werden Heizkosten eingespart.
Doch was macht nun ein Haus zu einem echten Niedrigstenergiehaus von „wir-leben-haus“? Als erstes sei folgender Hinweis geben: Es macht überhaupt keinen Sinn, nur über einzelne Bauteile und den entsprechenden U-Wert nachzudenken. Viele sprechen immer nur von den Außenwänden. Aber was ist mit dem Dach, den Fenstern, den wärmegedämmten Rollladenkästen und der Bodenplatte? Und ganz entscheidend, wie sieht es mit der Luftdichtigkeit und den Wärmebrücken aus? Je dichter die Gebäudehülle ist, desto weniger Endenergie benötigt man zum Nachheizen. Und hier fängt die Schwierigkeit an. Mögen die U- Werte noch irgendwie hinzu gerechnet werden können, bei der thermischen Gebäudehülle und der Luftdichtigkeit sind diese Ungenauigkeiten „tödlich“. Werte unter 0,6 sind für viele Firmen einfach nicht zu erreichen. Und die pauschale Annahme von Wärmebrücken (hier findet im Übrigen ein enormer Energieverlust statt, jeder Rollladenkasten, jede Durchdringung, jede Mörtelfuge, jeder Holzständer ist eine Wärmebrücke) reicht bei echten Verbrauchausweisen wie mit dem PHPP nicht mehr aus.
Aus diesem Grund raten viele Verkäufer, Firmen und auch Architekten selbst von Passivhäusern ab. Daher gilt das Motto: Erst in die Gebäudehülle investieren, und dann erst in die Anlagentechnik. Das System ist wie bei einer Thermoskanne. Hier bleibt der Kaffee länger warm, es wird nicht nachgeheizt, es wird passiv geheizt. Bei einer Kaffeemaschine dagegen bleibt der Kaffee nur warm, wenn aktiv zugeheizt wird.
Und so sieht die Umsetzung für ein echtes „wir-leben-Niedrigstenergiehaus“ aus:
• U- Wert Außenwand, Dach und Bodenplatte ≤ 0,10 W/m²K
• Drucktestluftwechsel n50 max. 0,6 h−1
• Kompakte Heizungsanlage mit kleinen Heizflächen
• Wärmebrückenoptimierte Gesamtkonstruktion einschl. Rollladenkästen
• Maximale Heizlast von 15 W/ m² (erst das ermöglicht eine kompakte Heizung)
• Berechnet mit dem PHPP als echter Verbrauchsausweis
• Heizwärmebedarf max. 25 kWh/ m² a (was einem KfW 25-Haus entsprechen würde)
• Fremdüberwachte Schlussabnahme
Mit Einhaltung dieser Werte bekommt man mit einer einfachen Gasbrennwertheizung immer mindestens KFW 55 Standard. Mit einer Luft-Wasserwärmepumpe oder einer zusätzlichen Solaranlage erreicht man immer den KFW 40 Standard. Die Lüftungsanlage kann dabei zentral oder auch dezentral angesetzt werden.
Je nach Orientierung des Hauses auf dem Grundstück (am besten Südausrichtung), der Hausgröße (nicht zu klein), der Fensterfläche nach Süden und des so wichtigen A/V Verhältnisses kann ein „wir-leben-Haus“ mit Passivhauszertifzierung ohne weiteren Aufpreis möglich werden.