Die Luft in unseren Innenstädten könnte schon bald sauberer
werden, obwohl der LKW-Verkehr zunimmt. Wissenschaftler der
Hochschule Fulda untersuchen in einem Forschungsprojekt mit vier
Praxispartnern bundesweit erstmalig, unter welchen Rahmenbedingungen
der Einsatz von E-LKW mit einem Gesamtgewicht bis zu 18 Tonnen für
Speditionen wirtschaftlich ist. Denn Transportunternehmen werden vor
allem dann einen Beitrag zur Luftreinhaltung leisten, wenn sich der
Einsatz von E-LKW im Vergleich zu den konventionellen Fahrzeugen
finanziell rentiert.
Ein effizienter Einsatz von E-LKW ist umso dringlicher, als der
Internethandel stetig wächst und mit ihm auch der Verkehr in den
Innenstädten. Vor allem der Stückgutverkehr ab 30 kg nimmt zu, weil
immer mehr Menschen Möbel und Elektrogeräte im Netz bestellen. Die
Folgen sind: mehr CO2- und Stickoxid-Emissionen, mehr Feinstaub, mehr
Lärm.
„E-LKW stoßen etwa 25% weniger CO2 aus, keine Stickoxide, keinen
Feinstaub und verursachen zudem deutlich weniger Lärm. Doch bislang
gibt es keine praxisgerechte Kalkulationsbasis für den Einsatz von
schweren E-LKW im Stückgutmarkt“, erläutert Logistikexperte Prof. Dr.
Boris Zimmermann, der das Forschungsprojekt an der Hochschule Fulda
leitet. Ebenso fehle es an Ansätzen, wie sich die Batterien in diesen
Fahrzeugen verwerten lassen. Über 24 Monate hinweg sollen daher die
Potenziale der E-LKW in Praxisversuchen getestet und verschiedene
Parameter so optimiert werden, dass sich die Wirtschaftlichkeit der
Fahrzeuge kontinuierlich verbessert.
„Wir wollen zeigen, dass durch technische Optimierung sowie durch
Verbesserung des Fahrverhaltens und der Tourenplanung die
Wirtschaftlichkeit des E-LKW gegeben ist“, erläutert Zimmermann das
Ziel des Projekts. „Damit wollen wir einen Beitrag leisten, die
E-Mobilität attraktiver zu machen.“ Ende 2018 sollen die
Projektergebnisse vorlegen. Dann werden Speditionen mit Hilfe eines
in der Studie entwickelten Kalkulationsschemas – auch ohne Praxistest
– grob berechnen können, ob es Potenzial für einen E-LKW in ihrem
Fuhrpark gibt.
Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und
Landesentwicklung fördert das Projekt mit 295.300 Euro. „Hessen soll
seinen Energiebedarf im Jahr 2050 vollständig aus erneuerbaren
Quellen decken. Die Elektromobilität kann dazu einen großen Beitrag
leisten“, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir am Mittwoch bei
der Übergabe des Bescheids. „Gerade der innerstädtische Lieferverkehr
mit seinen festen Routen von vorausberechenbarer Länge bietet sich
für E-Nutzfahrzeuge an. Doch dieses Potenzial ist bislang kaum
betrachtet worden. Deshalb ist das Vorhaben der Hochschule Fulda so
spannend.“
Das Forschungsprojekt betrachtet Wirtschaftlichkeit und technische
Effizienz in enger Abhängigkeit. „Beides beeinflusst sich
gegenseitig“, sagt Zimmermann. Deshalb arbeitet er mit Experten aus
dem Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik zusammen.
Gemeinsam will das Forscherteam herausfinden, wie genau
Tourenplanungen und Dispositionen angepasst werden müssen und wie ein
optimiertes Fahrerprofil aussehen kann – vom Fahrverhalten bis hin
zur Häufigkeit und Geschwindigkeit der Ladevorgänge. Auch auf die
Fragen, wie sich Wartung und Pflege der Fahrzeuge verändern müssen
und wie die Ladeinfrastruktur auszubauen ist, wollen die
Wissenschaftler Antworten finden.
Mit Blick auf die technische Optimierung gilt es zu erforschen,
inwieweit Kostenvorteile durch eine längere Batterielebensdauer
möglich sind. Dazu will das Forscherteam untersuchen, wie sehr sich
die Lebensdauer der Batterien durch Modifikation des Antriebs erhöhen
lässt, und ob die daraus entstehenden Kostenvorteile groß genug sind,
um die technischen Mehraufwendungen zu kompensieren. Zudem gilt es
herauszufinden, wie viele Kosten der Einsatz von ausgemusterten
Batterien in sogenannten Second-Life-Anwendungen spart. Denn
Batterien haben einen erheblichen Restwert, auch wenn sie nicht mehr
für Antriebszwecke verwendbar sind. So sollen ausrangierte Batterien
von E-LKW als Speicher für Strom aus erneuerbaren Energien getestet
werden.
„Wir wollen eine präzise Aussage für alle Logistikunternehmen im
Markt treffen und analysieren, welche weiteren Untersuchungen und
Entwicklungen unter Umständen notwendig sind“, bringt Zimmermann den
Anspruch des Projekts auf den Punkt. Dabei arbeiten die Forscher so
praxisnah wie möglich. „Wenn alle Ergebnisse vorliegen, werden wir
mit den Praxispartnern Wege diskutieren, den im Projekt eingesetzten
E-LKW tatsächlich zu übernehmen bzw. besprechen, ob eigene Fahrzeuge
angeschafft werden sollen“, so Zimmermann.
In Hessen sind im Verteil- und Stückgutverkehr rund 3000 LKW mit
bis zu 18 Tonnen Gesamtgewicht eingesetzt. Würden die
Studienergebnisse dazu führen, dass alle hessischen
Stückgutunternehmen 5 bis 20% ihrer Fahrzeuge durch E-LKW ersetzen,
könnten damit die CO2-Emissionen in Hessen im Straßengüterverkehr um
0,1 bis 0,5 % gesenkt werden.
Praxispartner sind:
Ludwig Meyer GmbH & Co. KG, Friedrichsdorf
Zufall GmbH & Co. KG, Fulda
Spedition Heidelmann GmbH, Schwalmstadt
DB Schenker AG, Kelsterbach
Pressekontakt:
Hochschule Fulda
Prof. Dr. Boris Zimmermann, Projektleiter
0152 28 89 28 68, boris.zimmermann@w.hs-fulda.de
Ludwig Meyer GmbH & Co. KG
Oliver Heil, Agentur Mainblick
069 48 98 12 90, oliver.heil@mainblick.com