Nach Lotto und Lotterien ist das gewerbliche
Automatenspiel die am wenigsten problematische Spielform. Das
Glücksspiel in den staatlichen Spielbanken ist im Vergleich zum
gewerblichen Automatenspiel rund dreimal so problematisch,
Online-Glücksspiele sogar neunmal. Das fanden jetzt die Professoren
Franz W. Peren und Reiner Clement vom Forschungsinstitut für
Glücksspiel und Wetten in Bonn heraus. Hintergrund der Untersuchung:
Spielen mit und um Geld wird für die Allgemeinheit dann zum Problem,
wenn krankhafte Spieler durch ihr exzessives Spielverhalten in
wirtschaftliche Not geraten und durch das staatliche Sozialsystem
unterstützt werden müssen. Unter diesem Aspekt haben die Professoren
Peren und Clement das Glücks- und Gewinnspielwesen in Deutschland
untersucht.
„Unser Ansatz ist streng ökonomisch“, berichtet Professor Peren.
„Die Bruttospielerträge oder einfacher ausgedrückt, die Summen, die
nach der Auszahlung der Gewinne in den Kassen der Spielveranstalter
bleiben, sind das, was die Gesamtheit der Spieler auf
Nimmerwiedersehen verloren hat“, erläutert der Bonner
Ökonomieprofessor. Dieser Spieleraufwand, der sich mit steigender
Tendenz derzeit auf rund zehn Milliarden Euro belaufe, zeige
allerdings nur, wie viel den spielenden Deutschen ihr Spielvergnügen
wert ist – und zwar differenziert nach Lotto, Toto, Pokern,
Automatenspielen usw. Eine gesellschaftspolitische Bewertung lasse
dieser neutrale Wert nicht zu. Erst wenn man die Zahl der krankhaften
Spieler in Beziehung dazu setze, können mögliche jeweilige
Belastungen für die Allgemeinheit erkennbar werden.
„Bei dieser Belastungsanalyse haben wir ein überraschendes
Ergebnis gefunden“, so Professor Peren. Die bisherige
Spielsuchtforschung ging davon aus, dass Spielen an gewerblich
betriebenen Geldspielgeräten in Gast- und Spielstätten die größten
Probleme mit sich bringe. „Wir konnten zweifelsfrei nachweisen, dass
dies ein Trugschluss ist“, erläutert Peren, Sprecher des Bonner
Forschungsteams. Die Tatsache, dass bei den pathologischen Spielern
der Anteil derjenigen, die auch an Geldspielgeräten spielen, im
Vergleich zu anderen Spielangeboten je nach Studie mit 30 bis 50 % am
größten sei, verleite zu dem Schluss, das Spiel am Geldspielgerät sei
problematischer als andere Spielformen. Setze man jedoch den
finanziellen Spielaufwand in Beziehung zum Anteil der krankhaften
Spieler, ergebe sich ein völlig anderes Bild. „Das Ergebnis“, so
Professor Peren, „ist eindeutig“.
„Der an unserem Forschungsinstitut entwickelte
Pathologie-Potenzial-Koeffizient zeigt erstmalig verlässliche
Kennziffern, mit denen sich die gesellschaftliche Belastung durch
verschiedene Glücksspielangebote messen lässt“, erläutert Peren.
Bisherige Gefährdungsvermutungen, die mehr auf vorurteilshaften
Plausibilitätserwägungen als auf wissenschaftlich fundierten Daten
basierten, seien damit nicht mehr haltbar. Dies müsse zwangsläufig zu
einer Korrektur in der gesellschafts- und ordnungspolitischen
Diskussion führen. Professor Peren: „Um es ganz klar zum Ausdruck zu
bringen: politischer Handlungsbedarf besteht nicht dort, wo man ihn
bisher verortet hat.“ Grundsätzlich sei die Frage zu stellen, ob es
angesichts der generell geringen Belastung durch pathologisches
Spielverhalten überhaupt weitergehenden Regulierungsbedarf gebe. Wenn
es jedoch um eine politische Bewertung gehe, die sich hinsichtlich
der Belastungspotenziale der verschiedenen Spielformen
wissenschaftlich rückversichert, seien weniger Lotto und das
gewerbliche Automatenspiel, als vielmehr die Angebote der staatlichen
Spielbanken und die Online-Spiele in den Fokus zu stellen.
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