Shell Studie sieht großes Potenzial für Biokraftstoffe / Förderprogramm für 2. Generation erforderlich (BILD)

Der Beitrag von Biokraftstoffen an der Kraftstoffversorgung könnte
mittel- bis langfristig deutlich steigen. Allein in Deutschland
könnten heimische Biokraftstoffe bis 2030 rund 20%, bis 2050 sogar
70% des – bis dahin stark gesenkten – Kraftstoffbedarfes abdecken.
Voraussetzung dabei ist jedoch, dass die Nachhaltigkeit der
Rohstoffbereitstellung gewährleistet ist, die Produktionskosten
fortschrittlicher Biokraftstoffe gesenkt werden und die
Biokraftstoffe mit den jeweiligen Verkehrsträgern kompatibel sind.

Zu diesem Ergebnis kommt die 1. Shell Biokraftstoff-Studie mit dem
Titel „Nach Super E10: Welche Rolle für Biokraftstoffe?“, die Shell
zusammen mit dem Internationalen Institut für Nachhaltigkeitsanalysen
und -strategien (IINAS) und dem Institut für Energie- und
Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu) erarbeitet hat.

Biokraftstoffe sind heute die wichtigste alternative Energiequelle
im Verkehr – ihr Anteil am Kraftstoffverbrauch liegt in Deutschland
bei 5,6%, in Europa bei 4,5% sowie gut 2% weltweit. „Nachhaltig
erzeugte Biokraftstoffe können und werden im Energiemix der Zukunft
eine wichtige Rolle spielen,“ sagte Dr. Jörg Adolf, Chefvolkswirt von
Shell in Deutschland.

Biokraftstoffe werden bis 2020 den überwiegenden Beitrag leisten,
um das bestehende EU-Ziel von 10% erneuerbarer Energien im
Straßenverkehr zu erfüllen. Dies gilt auch, sollte die EU den Einsatz
von Biokraftstoffen der 1. Generation auf 5% beschränken.

In sehr ambitionierten Klimaschutzszenarien könnten bis 2030 gut
20%, und bis 2050 sogar 70% eines bis dahin deutlich reduzierten
Kraftstoffbedarfs aller Verkehrsträger in Deutschland nachhaltig und
ohne Nutzungskonkurrenzen oder zusätzliche Importe gedeckt werden.
Das bedeutet, dass Biokraftstoffe entweder aus Reststoffen oder aus
der Produktion auf langfristig frei gewordenen Flächen stammen, sich
nicht negativ auf die Artenvielfalt auswirken, nicht den
Selbstversorgungsgrad Deutschlands bei Nahrungsmitteln verringern und
kein Wiesen- oder Weideland umgewandelt wird. Weltweit könnte sich
der Biokraftstoffbedarf von heute (2010) bis 2050 gar verzehnfachen.

Biokraftstoffe werden derzeit noch überwiegend aus Pflanzen
hergestellt, die auch zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion
beitragen. Von der weltweiten Agrarproduktion werden jedoch 74% für
Futtermittel, 18% für Nahrungsmittel und nur jeweils rund 4% für
Bioenergie beziehungsweise stoffliche Zwecke eingesetzt.

„Nutzungskonkurrenzen können durch Prioritäten bei der Bioenergie
und Biomassenutzung und durch neue fortschrittliche Biokraftstoffe
gelöst werden,“ sagte Uwe Fritsche, wissenschaftlicher Leiter vom
IINAS. Solche Biokraftstoffe der 2. Generation sind grundsätzlich
bereits entwickelt. Sie werden allerdings noch fast ausschließlich in
kleinem Maßstab produziert und sind deutlich teurer als herkömmliche
Kraftstoffe. Ohne zusätzliche Förderung sind sie nicht marktfähig.
Mehr als 99% aller heute verwendeten Biokraftstoffe sind daher noch
Biokraftstoffe der 1. Generation.

Bislang müssen Biokraftstoffe nur in der EU strenge
Nachhaltigkeitskriterien (gemäß EU-Erneuerbare Energien-Richtlinie)
erfüllen. Dazu gehören vor allem Treibhausgaseinsparungen und der
Schutz von Artenvielfalt.

„Die heutige EU-Nachhaltigkeitszertifizierung ist ein wichtiger
Schritt, Nachhaltigkeit umzusetzen“, sagte Horst Fehrenbach,
ifeu-Nachhaltigkeitsexperte. Langfristig müssten die
Nachhaltigkeitskriterien und -standards noch weiterentwickelt und
jenseits von Biokraftstoffen auf feste Biomasse und schließlich auf
alle Biomasseanwendungen wie Nahrungs- und Futtermittel oder
Kosmetika ausgeweitet werden, führte Fehrenbach aus.

Der Straßenverkehr, insbesondere Pkw und Lkw, ist heute der größte
Endenergieverbraucher im Verkehrssektor und Vorreiter bei der
Verwendung von Biokraftstoffen. Langfristig werden vor allem schwere
Lkw, Flugzeuge und Schiffe weiterhin auf flüssige Treibstoffe
angewiesen sein. In ambitionierten Klimaschutzszenarien steigt der
gemeinsame Anteil von Lkw und Flugzeug am gesamten deutschen
Treibstoffverbrauch von heute (2010) gut 40% auf fast 56% in 2050. Im
Straßengüterverkehr sowie in der Luftfahrt könnten Biokraftstoffe
daher eine wichtige Ergänzungs- und Versorgungsfunktion übernehmen.

Neben ihrer Nachhaltigkeit ist die technische Kompatibilität von
Biokraftstoffen mit der vorhandenen Motor- und Fahrzeugtechnik
Voraussetzung für ihren Einsatz. Die meisten Pkw und Lkw vertragen
heute bis zu 10% Bioethanol im Ottokraftstoff beziehungsweise bis zu
7% Biodiesel im Kraftstoff.

Höhere Beimischungen stoßen im derzeitigen Fahrzeugbestand auf
Grenzen. Mittelfristig bedarf es daher möglichst nahtlos einsetzbarer
Biokraftstoffe, die nahezu unbegrenzt beigemischt werden können.
Biogene Kraftstoffe werden insbesondere für den Dieselbereich
benötigt, denn in Europa ist Diesel relativ knapp, und die Nachfrage
nach Dieselkraftstoffen und ähnlichen Produkten (wie Kerosin und
Marinediesel) steigt weiter.

Voraussetzung für den weiteren Ausbau von Biokraftstoffen ist es,
ihre biogene Rohstoffbasis auf andere als Nahrungs- und
Futtermittelpflanzen zu stützen, zum Beispiel auf Rest- oder
Abfallstoffe, auf frei werdende Äcker bzw. landwirtschaftlich wenig
produktive Grenzflächen. Zudem müsse die Treibhausgasbilanz
vollständig sein, also auch Emissionen aus indirekten
Landnutzungsänderungen (iLUC) einbeziehen. Das Langfristziel laute,
„nachhaltige Biokraftstoffe der 2. Generation für all die
Verkehrsträger verfügbar zu machen, die auf flüssige Kraftstoffe
angewiesen bleiben,“ sagte Biokraftstoffexperte Uwe Fritsche.

Die bisherigen Anreize reichten jedoch nicht aus, die
erforderlichen umfangreichen und strategischen Investitionen für die
großtechnische Anwendung von Biokraftstoffen der 2. Generation zu
mobilisieren. „Daher ist ein zehnjähriges europäisches
Markteinführungsprogramm für Biokraftstoffe der zweiten Generation
aufzustellen“, forderte Fritsche.

Zur Verbesserung der Akzeptanz von Biokraftstoffen empfehlen die
Forscher ferner, nahtlos verwendbare Biokraftstoffe zu entwickeln und
ihre jeweilige Herkunft sowie die Einhaltung von
Nachhaltigkeitskriterien konsequent zu veröffentlichen. Auch sollten
die europäischen Biokraftstoffregelungen auf Basis aktueller
Erfahrungen „nachjustiert“ werden; schließlich sei mit der
Nachhaltigkeitsregulierung von Biokraftstoffen Neuland betreten
worden.

Die Studie sowie ausgewählte Grafiken zum Download:
www.shell.de/biokraftstoffstudie

Pressekontakt:
Shell Deutschland Oil GmbH
Cornelia Wolber
Telefon: +49 40 6324 5290
e-mail: shellpresse@shell.com

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