Ob jemand Lungenkrebs hat, verrät sein Blut, haben
Forscher der Universität Bonn gezeigt. In Zusammenarbeit mit Kollegen
am Universitätsklinikum Köln entwickeln sie einen Bluttest für
Raucher, der in Zukunft Menschenleben retten könnte: Denn je früher
ein Lungentumor erkannt wird, desto besser sind die
Überlebenschancen. Die Studie ist jetzt im Fachmagazin Clinical
Cancer Research erschienen.
Die Wissenschaftler um Professor Dr. Joachim L. Schultze haben
über 480 Moleküle identifiziert, deren Konzentration im Blut
verändert ist, sobald jemand an Lungenkrebs erkrankt ist. Diese
Moleküle liegen dann entweder in erhöhter oder in geringerer Menge in
den Blutzellen vor. „Bei Lungenkrebspatienten ergeben sich also
typische Muster, die mit einem Messprogramm zu erkennen sind“,
erläutert Prof. Schultze. Bei den Molekülen handelt es sich um
Nukleinsäuren, welche im Körper entstehen, wenn bestimmte Gene
abgelesen werden.
Die Veränderungen im Blut zeigen sich auch schon, wenn der Tumor
noch in einem sehr frühen Stadium ist. Bei Lungenkrebs gibt es vier
verschiedene Stadien, erklärt Prof. Schultze: „Die Prognose für
Patienten im Stadium 3 und 4 ist auch heute noch sehr schlecht,
selbst mit modernsten Therapien kann man lediglich den Zeitpunkt des
Todes hinauszögern.“ Lungenkrebs im ersten Stadium hingegen ist
operierbar und in vielen Fällen dann sogar heilbar. „Allerdings
erkennt man heutzutage einen Tumor selten so früh, nämlich nur in
etwa 15% aller Fälle. Würde ein einfacher Vorsorge-Bluttest diesen
Anteil erhöhen, könnte ein Großteil der Lungenkrebspatienten
überleben“, sagt Prof. Schultze. Bisher sterben hingegen über 80%
aller Lungenkrebspatienten innerhalb von zwei Jahren nach der
Diagnose, da der Tumor bereits zu weit fortgeschritten ist.
Screening auf Lungenkrebs: Ergebnis innerhalb eines Tages
In Zukunft gehört möglicherweise eine
Lungenkrebs-Vorsorgeuntersuchung zur Routine: Der Arzt nimmt seinem
Patienten Blut ab und innerhalb von 24 Stunden weiß er, ob derjenige
mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Lungenkrebs hat oder nicht – auch
wenn der Patient noch gar keine Symptome hat.
Das Team um Prof. Joachim Schultze hat über viele Jahre hinweg das
Blut von über 200 Rauchern untersucht. Etwa die Hälfte davon hatten
Lungenkrebs, die anderen waren entweder völlig gesund oder litten an
einer anderen Lungenerkrankung. „Es war uns wichtig, dass ein
späterer Test nicht nur Lungenkrebspatienten von Gesunden
unterscheiden kann, sondern auch von Menschen mit chronischen
Lungenerkrankungen.“ Das Blut der Probanden haben die Forscher dann
mit Biochips auf bestimmte Nukleinsäuren untersucht und dabei die
typischen Muster gefunden.
Momentan planen die Forscher eine analoge, aber viel größere
Studie mit zehnmal so vielen Patienten, um die Ergebnisse zu
bestätigen. Würden sich die jetzigen Ergebnisse in einer solchen
Studie bestätigen, stünde der endgültigen Entwicklung des Bluttests
bis zur Marktreife nichts mehr im Wege.
T. Zander, A. Hofmann, A. Staratschek-Jox, S. Classen, S.
Debey-Pascher, D. Eggle, S. Ansén, M. Hahn, M. Beyer, R.K.
Thomas, B. Gathof, C. Mauch, K.-S. Delank, W. Engel-Riedel,
H.-E. Wichmann, E. Stoelben, J.L. Schultze, J. Wolf:
Blood-based gene expression signatures in non-small cell lung
cancer, Clinical Cancer Research, 2011.
Pressekontakt:
Prof. Dr. med. Joachim L. Schultze
LIMES – Life and Medical Sciences Institute
Universität Bonn
Telefon: 0228/73-62787
E-Mail: j.schultze@uni-bonn.de