Auch MathematikerInnen spielen mit Bauklötzen. Zumindest dann, wenn ihr Interesse
sogenannten planaren Partitionen gilt. Denn diese werden durch Türme von „Bauklötzen“
auf einer schachbrettartigen Grundfläche dargestellt. „Bauen“ MathematikerInnen nun
solche planaren Partitionen, müssen sie bestimmten Regeln folgen: Kein Turm darf höher
sein, als die Grundfläche breit ist, und auch nicht, als ein anderer Turm dahinter oder links.
Die Frage, wie viele verschiedene Anordnungen von Türmen sich bei einer gegebenen
Grundflächengröße bauen lassen, ist dank einer entsprechenden Formel leicht
beantwortet. Schwieriger wird es, wenn die Anordnungen der Türme bestimmte
Symmetrien aufweisen sollen oder wenn man nicht die Anordnungen selbst, sondern ihre
Bestandteile abzählen will. Zwar gibt es auch dafür Formeln. Doch die Krux ist – nicht bei
allen diesen Formeln weiß man, ob sie wirklich korrekt sind. Das wird nur vermutet.
Wer weiß den Beweis?
Der Beweis, dass eine bestimmte dieser Formeln korrekt ist, gelang nun Dr. Christoph
Koutschan und Dr. Manuel Kauers vom Institut für Symbolisches Rechnen der Johannes
Kepler Universität Linz in Zusammenarbeit mit Prof. Doron Zeilberger aus den USA. Dabei
ging es um eine Formel für die Berechnung einzelner Komponenten in total symmetrischen
planaren Partitionen. Zur besonderen Methode der Beweisführung meint Dr. Koutschan:
„Wir haben es den Computer machen lassen! In manchen Bereichen der Mathematik ist
das ja inzwischen Routine.“ Das Prinzip hinter solchen Computerbeweisen ist zunächst
einfach. Um A=B zu beweisen, berechnet der Computer eine Hilfsgleichung U=V mit
folgenden zwei Eigenschaften: „Wenn U=V wahr ist, dann ist auch A=B wahr“ und „ob
U=V wahr ist, kann leicht überprüft werden“.
Was so leicht klingt, stellte tatsächlich eine große Herausforderung dar, wie Dr. Koutschan
weiter ausführt: „Dieses Verfahren funktioniert nicht für jede Gleichung. Unser wesentlicher
Schritt war es, die Andrews-Robbins-Vermutung in eine geeignete Form zu bringen, die
dann mit dem Computer bewiesen werden konnte.“ Dass die Hilfsgleichung dabei in
Wirklichkeit etwas komplexer als „U=V“ war, belegt ihr Umfang: Ausgedruckt würde sie ca.
1 Mio. A4-Seiten bedecken und ist damit vermutlich die längste Gleichung, die je in einem
mathematischen Beweis verwendet wurde.
Stanleys Liste
Der Aufwand für diese „Formulierung“ hat sich jedoch gelohnt. Denn mit dem Beweis der
Andrews-Robbins-Vermutung gelang es den Forschern, die letzte einer Reihe berühmter
Vermutungen zu beweisen. Diese wurden im Jahr 1985 vom US-Mathematiker Richard
Stanley auf einer historischen Konferenz in Montreal vorgestellt. Alle diese Vermutungen
wurden in den folgenden Jahren bewiesen – bis auf die Andrews-Robbins-Vermutung.
Dazu meint Dr. Kauers: „Als letzter verbleibender Eintrag in Stanleys Liste hat diese
Vermutung viele bedeutende Experten und Expertinnen angezogen. Trotzdem blieb sie
für fast 30 Jahre unbewiesen. Dass der Beweis schließlich mit einem automatischen
Beweisverfahren gelungen ist, zeigt, dass moderne Computerprogramme mathematische
Probleme knacken können, an denen traditionelle Mathematiker und Mathematikerinnen
scheitern.“
Zwar sind solche Erfolge bisher die Ausnahme, doch zeigt dieses FWF-Projekt das
Potenzial einer computerbasierten Beweisführung. Vor dem Hintergrund des rasanten
Fortschritts der Rechnerleistung werden Computer vielleicht eines Tages sogar Antworten
zu den größten offenen Fragen der Mathematik liefern.
Bild und Text ab Dienstag, 25. 01. 2011, ab 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter:
http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pv201101-2de.html
Originalpublikation: A proof of George Andrews’ and David Robbins’ q-TSPP conjecture. C.
Koutschan, M. Kauers, D. Zeilberger. DOI: 10.1073/pnas.1019186108
Wissenschaftlicher Kontakt:
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Wien, 25. Jänner 2011