Bei vielen Patienten mit besonders schwerem Asthma
ist möglicherweise ein bisher nicht bekannter Auslösemechanismus
ursächlich. Er könnte auf eine Besiedlung mit Staphylokokken zurück
gehen, die zur Bildung allergietypischer IgE-Antikörper führt. Das
Ergebnis einer neuen Forschungsarbeit verlangt von Medizinern
Umdenken, gibt ihnen möglicherweise aber auch eine neue, wirksamere
Therapie in die Hand.
Asthma und Allergien treten oft gemeinsam auf. Schon lange wird
zwischen allergischem und nichtallergischem Asthma unterschieden. Als
ein Prototyp des allergischen Asthmas kann der von Pollen oder
Hausstaubmilben ausgelöste Schnupfen gelten, der mit den Jahren die
Atemwege abwärts wandert („Etagenwechsel“) und sich mit den typischen
Beschwerden – Giemen, Husten, Atemnot- in der Lunge festsetzt.
Als nichtallergisch galt bisher ein Asthma, das in der Folge
wiederholter Infektionen auftritt. Darunter sind besonders viele
Patienten mit schwerster Atemnot, die therapeutisch auch nur mühsam
zu beherrschen ist. Neuerdings gibt es wissenschaftliche
Erkenntnisse, dass unter diesen Patienten viele sind, deren
Erkrankung doch durch allergie-typisches Immunglobulin der Klasse E
bedingt sein dürfte. Dieses IgE ist allerdings nicht nur gegen
einzelne, sondern gegen tausende Allergene gerichtet. Das erklärt,
warum manchen Asthma-Patienten mit den Standardmedikamenten
ungenügend geholfen werden kann.
Wissenschaftler aus Lodzs (Polen) und Gent (Belgien) konnten in
einer Studie nachweisen, dass Patienten mit schwerem Asthma, das nur
mühsam therapierbar ist („severe refractory asthma“, SRA), häufig
hohe Titer von IgE-Antikörpern gegen Staphylokokken-Toxine im Blut
haben. Sie müssen also eine Infektion mit den Eitererregern
durchgemacht und auf deren Giftstoffe mit IgE-Antikörpern reagiert
haben, die als die typischen Allergie-Marker gelten. Besonders
deutlich war das Zusammentreffen von SRA und diesem „polyklonalen“
IgE bei Frauen, bei Menschen, die schon als Kinder die typische
Asthma-Atemnot zeigten, und bei Patienten, die überempfindlich auf
Aspirin reagieren.
Schon diese Aufzählung zeigt, dass die Arbeit zunächst den
ursächlichen Zusammenhang einer Staphylokokken-Infektion mit einem
späteren schweren Asthma noch nicht beweist. Die Indizien seien
allerdings bedeutsam, sagt Professor Claus Bachert, in Gent an der
Studie beteiligt und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für
Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI): „Wir können die
Wirkung der Staphylokokken im Tiermodell nachahmen, und wir können
die Freisetzung der Bakteriengifte (Toxine) im Gewebe aufzeigen –
allerdings müssen wir noch zeigen, daß mit dem Wegfangen der Toxine
die Krankheit verschwindet.“
In einer früheren Arbeit hatte Bachert von Patienten mit schwerem
Asthma berichtet, bei denen mit Staphylokokken besiedelte Polypen und
hohe IgE-Titer bekannt waren. Ihnen half schließlich eine Therapie
mit monoklonalen Antikörpern gegen IgE – wie sie bei schweren
Allergien ebenfalls angewendet wird. Diese – sehr teuren – Antikörper
binden das IgE und verhindern dadurch, dass im Körper die
biochemische Kaskade ausgelöst wird, die zum Asthma-Anfall führt. Die
therapeutische Alternative für die SRA-Patienten sind ansonsten
Glukokortikoide („Kortison“) und im akuten Anfall „Beta-2-Mimetika“,
die eine Erweiterung der Bronchien erreichen. Diese Therapie stößt
bei manchen Patienten dennoch an Grenzen. Ihre schwerste Atemnot
gehört zu den quälendsten Krankheitsformen überhaupt. Bachert sieht
aufgrund der neuen Erkenntnisse Chancen, diesen Menschen in Zukunft
besser helfen zu können: „Bei Patienten mit besonders schweren
Atemwegserkrankungen können die Anti-IgE-Antikörper möglicherweise
auch dann angewendet werden, wenn keine herkömmliche Allergie
vorliegt, sondern das durch Staphylokokken verursachte
Krankheitsbild, wie wir es in unserer Studie gesehen haben.“
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische
Immunologie (DGAKI)
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