Was Krebs so gefährlich macht, ist die
Eigenschaft der Tumorzellen, sich im Körper auszubreiten und
Tochtergeschwülste zu bilden, sogenannte Metastasen. Wissenschaftler
haben jetzt herausgefunden, wie sich solche Krebsabsiedelungen
möglicherweise verhindern lassen: Der Schlüssel liegt in bestimmten
Signalmolekülen der Blutgefäße. Werden diese gehemmt, könnte das
Fortschreiten der Krankheit gestoppt und damit die Aussicht auf
Heilung deutlich verbessert werden. Die Deutsche Krebshilfe fördert
das Forschungsprojekt mit rund 251.000 Euro.
Damit ein Tumor wachsen kann, benötigt er neue Blutgefäße, die ihn
mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Diese
Blutgefäße spielen eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung der
Krebszellen im Körper: Sie ermöglichen es den Zellen, in den
Blutkreislauf zu gelangen und sich in entfernten Organen anzusiedeln.
Dabei müssen die Tumorzellen gleich mehrere Herausforderungen
meistern: in das Blutgefäß eindringen, den Transport im Blut
überleben und schließlich das Gefäß wieder verlassen. Dafür nutzen
sie ähnliche Mechanismen wie Immunzellen auf der Jagd nach
Krankheitserregern.
Tumore programmieren Gefäßwandzellen um
Wissenschaftler um Professor Dr. Andreas Fischer vom Deutschen
Krebsforschungszentrum in Heidelberg haben es sich zur Aufgabe
gemacht, diese Mechanismen zu entschlüsseln. Und sie sind bereits
fündig geworden: „In bisherigen Versuchen konnten wir zeigen, dass
Tumorzellen immer dann verstärkt in die Blutbahn übertreten, wenn
bestimmte Signalmoleküle in Blutgefäßzellen aktiviert werden“,
erläutert Projektleiter Professor Fischer. Solche Signalmoleküle
steuern die Kommunikation der Blutgefäßzellen mit den Tumorzellen und
werden als sogenannte „Notch-Signalkaskade“ bezeichnet.
In aktuellen Forschungsarbeiten haben Professor Fischer und sein
Team herausgefunden, wie es Krebszellen gelingt, auf Wanderschaft zu
gehen: Zunächst sorgen sie in den Gefäßwandzellen dafür, dass
wichtige Signalmoleküle überaktiviert werden, um sich die Passage zu
erleichtern. Dafür programmieren sie die Gefäßwandzellen um. Ist das
Signalmolekül Notch1 aktiviert, so hat dies weitreichende Folgen: Die
Gefäßwandzellen bilden verstärkt ein Molekül mit dem
wissenschaftlichen Namen VCAM1, das es den Krebszellen ermöglicht,
sich an die Gefäßwand zu heften. Darüber hinaus wird die Gefäßwand
durchlässiger für den Übertritt der Tumorzellen in die Blutbahn. Und
schließlich produzieren die Gefäßwandzellen Botenstoffe, die
Immunzellen in den Tumor locken und mit ihren Botenstoffen das
Krebsgeschehen sogar noch verstärken können – eine fatale
Reaktionskette.
Neue Therapie mit Antikörpern?
Je stärker das Signalmolekül Notch1 in den Gefäßwänden des Tumors
aktiviert wird, desto mehr Krebszellen gelangen ins Blut und desto
mehr Metastasen können entstehen. Doch neue Erkenntnisse des
Heidelberger Forscherteams lassen hoffen: Werden das Signalmolekül
Notch 1 und das Anheftungsmolekül VCAM1 im Labor mit sogenannten
therapeutischen Antikörpern blockiert, siedeln sich deutlich weniger
Krebszellen in anderen Organen an. „In weiteren Studien wollen wir
die Wirkung dieser Antikörper genauer untersuchen, damit möglichst
bald auch Patienten von diesem neuen Ansatz profitieren können“, so
Professor Fischer.
„Insbesondere bei fortgeschrittenen Krankheitsverläufen steht die
Krebsmedizin immer noch vor großen Herausforderungen. Für die
Entwicklung neuer Therapieansätze ist es daher unabdingbar, die
Entstehungsmechanismen von Krebserkrankungen zu verstehen“, betont
Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
„Deshalb ist es ein Kernanliegen der Deutschen Krebshilfe, solche
innovativen Forschungsprojekte zu fördern.“
Hintergrundinformation: Antikörper-Therapie
Die Behandlung mit Antikörpern ist eine bestimmte Form der
Immuntherapie. Das Wirkprinzip: Die künstlich hergestellten
Eiweißmoleküle können Krebszellen anhand ihrer individuellen
Oberflächenmerkmale erkennen und heften sich an sie. Angelockte
Immunzellen sollen dann die markierten Krebszellen zerstören. Doch
therapeutische Antikörper haben noch eine weitere Funktion: Sie
können auch die Bindungsstelle für andere Botenstoffe blockieren und
so das Tumorwachstum stoppen oder die Kommunikation der Krebszellen
stören – dadurch entstehen weniger Metastasen.
Projektnr.: 70110638
Interviewpartner auf Anfrage!
Bonn, 26. Februar 2019
Pressekontakt:
Deutsche Krebshilfe
Pressestelle
Buschstr. 32
53113 Bonn
Telefon: 02 28/7 29 90-96
E-Mail: presse@krebshilfe.de
Internet: www.krebshilfe.de
Original-Content von: Deutsche Krebshilfe, übermittelt durch news aktuell