Forschungspreis 2017 der René Baumgart-Stiftung – Preisverleihung Forschen für ein Leben ohne Lungenhochdruck

Stuttgart, 25. März 2017. Zum 14. Mal wurde der mit 5.000 ? dotierte Forschungspreis der gemeinnützigen René Baumgart-Stiftung für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der pulmonalen Hypertonie ausgeschrieben.

Im Rahmen des 58. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. in Stuttgart wurde der Preis an zwei Arbeiten verliehen. Zum Einen an Frau Christine Joseph, Universitätsklinik Köln und zum Anderen an Herrn PhD Chandran Nagaraj, Universitätsklinikum Graz.

Herr Prof. Ralf Ewert, Universitätsklinikum Greifswald, sprach die Laudatio. Günther Thimm, 2. Vorstand des gemeinnützigen Selbsthilfevereins pulmonale hypertonie e.v. und Anne-Christin Kopp, Cousine des Namensgebers der Stiftung, überreichten den Preis.

Insgesamt wurden fünf hochqualifizierte Arbeiten eingereicht, die eine Entscheidung der Jury nicht leicht machten, berichtet Prof. Ewert. Die prämierten Arbeiten entsprechen den wichtigen Bewertungskriterien wie Originalität, Innovation und klinische Relevanz.

Zur Arbeit von Frau Christine Joseph, „Koagulations-unabhängige Effekte von Thrombin und Faktor Xa und Protease-aktivierte Rezeptoren in der pulmonalen Hypertonie“:
Die pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) ist eine schwerwiegende vaskuläre Erkrankung, mit bis heute unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten. Die PAH zeichnet sich durch einen erhöhten pulmonal arteriellen Druck aus und kann zur Ausbildung einer maladaptiven rechtsventrikulären Hypertrophie und Dysfunktion führen. Die Pathogenese der PH ist multifaktoriell. Neben Vasokonstriktion und endothelialer Dysfunktion, spielen proliferative Veränderungen in der Gefäßwand (vaskuläres Remodeling) eine entscheidende Rolle für die progrediente Verminderung des Gefäßlumens und den Anstieg des pulmonal-vaskulären Widerstands. Der Remodeling Prozess ist hauptsächlich charakterisiert durch abnorme, vermehrte Proliferation und Migration von pulmonal arteriellen glatten Gefäßmuskelzellen (PASMCs), hervorgerufen durch erhöhte Spiegel an Zytokinen und Wachstumsfaktoren.
Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass, dass Protease-aktivierte Rezeptoren (PAR) 1 und 2 in vaskulären Remodeling Prozessen heraufreguliert sind. PAR-1 und -2 sind involviert in zelluläre Proliferation und Migration und können durch die Schlüssel-Koagulationsfaktoren Thrombin und Faktor Xa (FXa) proteolytisch aktiviert werden.
Folglich wurden in dieser Arbeit koagulations-unabhängige Effekte von Thrombin und FXa und die Aktivierung ihrer jeweiligen Rezeptoren, PAR-1 und PAR-2, in PASMCs in vitro und in der experimentellen pulmonalen Hypertonie (PH) in vivo untersucht.
In humanen und murinen PASMCs wurden sowohl Thrombin, als auch FXa als hoch potente Mitogene identifiziert. Während FXa mitogene, zelluläre Antworten über PAR-2 ausübte, induzierte Thrombin die Proliferation von PASMCs über PAR-1. Des Weiteren wurden ERK1/2, AKT und Sphingosin-kinase-1 als wichtige PAR-1 und PAR-2 abhängige intrazelluläre Signal Mediatoren in humanen und murinen PASMCs charakterisiert. Um die Bedeutung von PAR-1 und PAR-2 für das vaskuläre Remodeling und die Pathogenese der PH in vivo zu untersuchen, wurden PAR-1 und PAR-2 defiziente Mäuse im etablierten Model der Hypoxie-induzierten PH eingesetzt. Sowohl PAR-1, als auch PAR-2 defiziente Mäuse wiesen eine signifikant verminderte vaskuläre Muskularisierung der kleinen pulmonalen Arterien, sowie einen reduzierten rechts ventrikulären systolischen Druck und eine verringerte rechtsventrikuläre Hypertrophie im Vergleich zu wild typ Kontrolltieren auf.
Die vorliegenden Untersuchungen indizieren ein pathogenes Potential von Thrombin und FXa für vaskuläre Remodeling Prozesse über die Aktivierung von PAR-1 und PAR-2. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse eine entscheidende Rolle für PAR-1 und PAR-2 in der experimentellen PH und kristallisieren sich als potentielle Zielmoleküle für neue, antiproliferative Behandlungsstrategien der PH heraus.

Zur Arbeit von Herrn PhD Chandran Nagaraj, „DHA führt zur Erschlaffung der Lungenarterien durch Aktivierung von Kalzium-abhängigen Kaliumkanälen in pulmonaler Hypertonie“:
Dr. Chandran Nagaraj beschäftigt sich seit Jahren mit Erkrankungen von Lungengefäßen, aber auch mit der Regulierung des Gefäßtonus von gesunden Lungenarterien, die sämtliches Blut des Körpers im Minutentakt durch die Lunge transportieren. Wenn diese Gefäße erkrankt sind, versteift und verdickt, entwickelt sich Lungenhochdruck auch pulmonale Hypertonie (PH) genannt. Lungenhochdruck beginnt, wenn der mittlere Blutdruck in der Lungenschlagader auf mehr als 25 mmHg in Ruhe ansteigt. Aufgrund dieser Veränderungen wird immer weniger Sauerstoff in der Lunge aufgenommen, zugleich verringert sich die Herzauswurfleistung. Unbehandelt kann ein schwerer Lungenhochdruck binnen weniger Monate zum Tod infolge Rechtsherzversagen führen.

Die schwerste Form der Lungengefäßerkrankungen (Lungengefäßversteifung) ist der Lungenhochdruck. Dieser ist eine heimtückische Erkrankung, da äußerliche Krankheitszeichen fehlen und eine Diagnose schwierig ist. Daher werden die meisten Patienten erst im Spätstadium erkannt und führt zum frühzeitigen Verlust der Erwerbstätigkeit. Patienten leiden unter stark eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit, Kreislaufstörungen und Müdigkeit. Häufigstes Symptom ist Luftnot unter Belastung. Die Betroffenen müssen häufig ins Krankenhaus und die Therapiekosten sind sehr hoch.

Im Mittelpunkt der Forschung von Dr Nagaraj stehen die Untersuchung der molekularen Ereignisse, die Wirkung von Docosahexaensäure (DHA), eine n-3 mehrfach ungesättigten Fettsäure (n-3 PUFA), auf den Gefäßtonus der kleinen menschlichen Lungenarterien, zu Grunde liegen. Er fokussiert sich dabei auf die glatten Muskelzellen. Diese dienen in den Pulmonalarterien als Effektoren der akuten Vasomotorik und der chronischen Vasokonstriktion. Das heißt, dass der Tonus der Gefäße über die glatten Muskelzellen reguliert wird. Diese Zellen besitzen verschiedene Kaliumkanäle, deren Aktivität das Ruhemembranpotenzial der Zellen erhöht und damit die Gefäße erschlafft. Das Ergebnis ist die Abnahme des Druckes im Lungenkreislauf. Solche Untersuchungen sind notwendig, um molekulare Ansatzpunkte für die gezielte Entwicklung von neuen Therapien und Medikamenten für diese schwere und lebensbedrohliche Erkrankung finden zu können.
In den preisgekrönten Untersuchungen konnte durch Dr. Nagaraj unter Anwendung von zahlreichen biochemischen, zellbiologischen und molekularbiologischen Methoden an menschlichen pulmonalarteriellen Gefäßmuskelzellen zum ersten Mal eindeutig gezeigt werden, dass Kalzium-abhängigen Kaliumkanal das zentrale und anfängliche Ereignis im Signalweg von DHA ist. DHA stimuliert diesen Kaliumkanal, der als einer der wichtigsten Ionenkanäle in diesen Zellen fungiert. Über die weiteren Zwischenschritte hemmt DHA schließlich den Anstieg der intrazellulären Kalzium-Konzentration und die glatte Muskelzelle erschlafft.
Die im Reagenzglas gewonnenen Ergebnisse wurden in verschiedenen Tiermodellen der pulmonalen Hypertonie getestet. In den Modellen reduzierte die akute Gabe von DHA den rechtsventrikulären Druck auf Normalwerte. Zusätzlich liefert Dr. Nagaraj mit seinem interdisziplinären Ansatz unter Beteiligung von Kollegen aus den USA und China wertvolle neue Ergebnisse über die Expression von Kaliumkanälen in menschlichen pulmonalarteriellen Glattmuskelzellen. Weil die Regulierung der Kaliumkanäle direkt mit dem intrazellulären Kalziumkonzentration und damit mit unkontrollierten Proliferation (Zellwucherung) der glatten Gefäßmuskelzellen zusammenhängt, könnten die Ergebnisse dieser Studie in der Zukunft auch zur Entwicklung einer DHA-basierten antiproliferativen Therapie zur Behandlung von pathologischen Gefäßumbau wie z.B. bei einer erneuten Verengerung der Gefäße, beitragen.

Pulmonal arterielle Hypertonie (Lungenhochdruck)

Lungenhochdruck, medizinisch auch pulmonal arterielle Hypertonie (PAH), ist eine seltene, schwerwiegende Erkrankung, die durch eine starke Verengung der Lungengefäße gekennzeichnet ist.

Die Betroffenen leiden bereits bei geringster Belastung oder sogar in Ruhe unter Atemnot, blauen Lippen, Beinödemen, Brustschmerzen, und klagen allgemein über schnelle Erschöpfung und Ermüdung.

Die richtige Diagnose wird zumeist erst gestellt, wenn es durch die fortschreitende Druck- und Volumenbelastung des rechten Herzens zu dessen chronischem Versagen kommt. Diagnose: Bluthochdruck im Lungenkreislauf. Dieses Krankheitsbild tritt isoliert oder als Begleiterkrankung verschiedener Herz- und Lungenerkrankungen auf. Obgleich die pulmonale Hypertonie (PH) noch nicht geheilt werden kann, konnten in den letzten Jahren doch große Fortschritte in der Diagnostik und Therapie dieser Krankheit erzielt werden.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Prof. Dr. med. Werner Seeger
Direktor der Inneren Medizinischen Klinik II
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Vorsitzender des Vorstands der René Baumgart-Stiftung
Tel.: 0641 99 42 350 Sekretariat
E-Mail: Werner.Seeger@innere.med.uni-giessen.de

pulmonale hypertonie e.v.
info@phev.de
www.phev.de

Journalistenpreis
Der Selbsthilfeverein lobt jährlich einen Journalistenpreis in Höhe von 3000 ? aus. Weitere Informationen unter www.phev.de

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